Teil 4: Warschau -Riga (23. - 30. Tag)


Tag: 23 Autobahn

Warschau - Podborze

106km / 360Hm

Blick in die Weite
Blick in die Weite

Aus grossen Städten mit dem Fahrrad hinauszufahren ist immer sehr mühsam.

Immer wieder Ampeln bei denen man halten muss und dann dieser immense Verkehr.  30 Kilometer dauerte es bis ich das Gefühl hatte, aus der Stadt raus zu sein. 

Dann ging es aber fast den ganzen Tag auf einer stark befahrenen Strasse entlang und danach viele Kilometer einer Autobahn entlang. Keine schöne Tour.

Die Gegend ist nach wie vor flach, die Höhenmeter erklären sich dadurch,  dass unter der Strasse immer wieder kleine Tunnels fürs Wasser (oder für den Wildwechsel?) gibt. So ging es immer wieder Hügel rauf und runter.


Tag 24: Elch und Wolf

Podporze - Goniazd

108km / 410Hm

Die hab ich hier noch nicht erwartet
Die hab ich hier noch nicht erwartet

Auch heute ging es zuerst wieder der Autobahn entlang.  Die Autobahn ist top ausgebaut,  überall hat es auch Unterführungen und Überführungen für die Tiere.  Neben der Autobahn verläuft meist beidseitig eine zweispurige Strasse, auch die hat die Überführungen und Unterführungen. Ich wüsste keine Autobahn in der Schweiz mit einem solchen Ausbaustandard. Zum Velofahren aber sehr langweilig. 

Später konnte ich die Autobahn über einige Buckelpisten verlassen und stand plötzlich vor dem obigen Plakat. Es folgte dann eine 35 Kilometer lange Fahrt auf einer nagelneuen Strasse quer durch ein wunderschönes Naturschutzgebiet, mit Sumpfgebieten, Trockenwiesen und Wäldern. 

Plötzlich,  nein kein Elch oder Wolf, sondern ein heftiges Gewitter.  Bevor ich die Regensachen an hatte war ich pflotschnass. Ich habe mich im Wald unter einen Baum gestellt.  Später bin ich bis zu einem Unterstand gefahren. Ich habe mir überlegt, dort die Nacht zu verbringen. In Polen ist wildcampen verboten und wird vor allem in Naturschutzgebieten stark geahndet. 

So fuhr ich bei einer kleinen Regenpause bis zu einem Campingplatz, wo ich mein Zelt aufgestellt habe.


Tag 25: Noch mehr Natur

Goniazd - Suwalki

86 Km / 430 Hm

Naturschutzgebiet
Naturschutzgebiet

Nach kurzer Fahrt über schlechte Strassen erreichte ich wieder ein riesiges Naturschutzgebiet. Die Aussicht war fantastisch,  die Strasse das reinste Waschbrett. Überall sah man Vögel, vor allem Störche,  man hörte das Quaken der Frösche.  Auch hörte man ein Dut, Dut.

Keine Ahnung zu welchem Vogel das gehört. 

Später führte der Weg wieder stark befahrenen Strassen entlang.  Immer wieder ging es einen kleinen Hügel hinauf.  Meine Beine waren heute etwas schwer. In Suwalki habe ich beschlossen zu bleiben. Morgen werde ich Polen verlassen und nach Litauen fahren.  Zeit für eine kleine Rückschau. Polen hat mir landschaftlich gut gefallen. Das Land hat einen guten Wohlstand erreicht. 

Fahrradfahrer habe ich vor allem in Warschau gesehen,  sonst wenige Rennradfahrer und erst in den letzten zwei Tagen in den Naturschutzgebieten einige Tourenfahrer. In all den Tagen habe ich ein einziges E-Bike gesehen,  die scheinen noch nicht in Polen angekommen zu sein. Die Infrastruktur zum Velofahren ist nicht besonders gut. Die Nebenstrassen sind meist nicht in einem guten Zustand und Restaurants und  Hotels gibt es fast nur in den Städten. Auf der anderen Seite, gibt es in jedem Ort die Möglichkeit Essen einzukaufen,  was beispielsweise in Deutschland nicht der Fall war.

Die Polen habe ich als sehr reserviert empfunden. Sie schauen weg, als wären sie nicht interessiert. Wenn du bei einem Hindernis wartest, dass jemand durch kann, scheint er dich nicht zur Kenntnis zu nehmen. Es gibt kein Lächeln und selten eine Geste. Die wenigsten Polen können Englisch. Angesprochen wurde ich sehr selten und dann scheiterte die Unterhaltung an den Sprachkenntnissen. 

Mit Corona gehen sie sehr unterschiedlich um. In den grossen Städten wird es in den Hotels noch sehr ernst genommen,  auf dem Land merkt man kaum etwas davon.  In den Einkaufszentren aber herrscht Maskenpflicht. 


Tag 26: In Litauen

Suwalki - Saltinelis (Katzly Rüda)

102 Km / 400Hm

Mein Wildcampingplatz
Mein Wildcampingplatz

Polens Strassen zeigten sich heute wieder von der schlechten Seite.  Es ging einer stark befahrenen Strasse entlang, die zwar einen Seitenstreifen hatte, der aber nicht geteert war. Litauen empfing mich auch mit einer solchen Strasse. Allerdings war der Seitenstreifen nur ein kleines Band, dafür aber geteert.  Waren die letzten Kilometer in Polen hügelig,  so wurde es in Litauen zusehends wieder flacher. Nach dem ich auf kleinere Strassen abzweigen konnte,  war plötzlich ein Tourenfahrer aus Köln neben mir. Auch er will nach Tallinn und dann über Helsinki zurück nach Deutschland.  Wir fuhren etwa 2 Stunden zusammen und er hat mir ein paar Tipps gegeben,  da er die Baltischen Staaten kennt. 

Litauen kommt mir viel lebendiger vor als Polen. Jedes Haus ist anders, es ist nicht alles so gleichförmig. Der Rasen ist nicht immer "englisch". Irgendwie ist es einfach farbiger.

Am Abend habe ich einen Campingplatz anvisiert.  Als ich den Platz sah wusste ich sofort,  dass es es sich um einen Naturcampingplatz handelte.  Ich hatte von solchen Plätzen in Dänemark gelesen, hier aber nicht erwartet.  Diese Plätze werden von Privaten umsonst zur Verfügung gestellt. Die Infrastruktur ist dabei meist marginal. Auf meinem Platz bin ich allein. Es hat kein WC, Wasser habe ich aber von der Besitzerin bekommen. 


Tag 27: Brämen Attacke

Saltinelis - Raseiniai

90Km / 520Hm

Auf der Fähre über den Nemunas
Auf der Fähre über den Nemunas

Obwohl abseits im Wald gelegen war die Nacht gar nicht ruhig. Unweit auf einer anderen Waldlichtung hatten Jugendliche eine Fete. Sie hörten über Lautsprecher die ganze Nacht lautstark Musik. Nur von halb sechs bis sechs (in der Nacht) war Ruhe. 

Am Morgen ging es dann während 20 Kilometer durch den Wald. Zuerst war die Strasse noch befahrbar und ich konnte Versuchen den aggressiven Brämen davonzufahren. Plötzlich aber war da eine Sandpiste und an ein Weiterfahren war nicht mehr zu denken. Innert ein paar Sekunden war ich von einem riesen Schwarm Brämen umgeben. Ich konnte mich ihrer nicht mehr erwehren. Ich liess das Velo fallen und habe mir etwas langärmliges und Trainerhosen angezogen.  Auch habe ich mir, eigentlich für Finnland gedacht,  ein Kopfnetz angeschafft, das ich auch angezogen habe.

Für die ersten 20 Kilometer habe ich 2,5 Stunden gebraucht. 

Zum Glück waren nachher die Strassen besser. Sie sind meist gerade so weit man sieht. Es geht aber immer wieder den Hügel rauf und runter.

Die Gegend war zuerst bewaldet und dann hatte es wieder viele Kornfelder. 

Mir gefallen die vielen Holzhäuser,  die zum Teil leicht verwittert sind. 


Tag 28: Wattenbäume?

Raseiniai - Joniskis

112km / 430 Hm

Wattenbäume
Wattenbäume

Zuerst ging es weiter  wie es gestern aufgehört hat, eine schwach befahrene Landstrasse entlang. Die Gegend war leicht hügelig. Dies änderte sich langsam,  die Gegend wurde wieder flacher. Aber auch der Verkehr nahm stark zu. Selbst die Häuser änderten sich, es gab immer mehr Häuser aus Backsteinen. Kurz vor meinem Ziel hatte es einige Bäume, die voll von "Watte" waren und auch der Boden war voll davon. Keine Ahnung um was für Bäume es sich dabei handelt. Pappeln machen doch nicht so grosse Samen?

Die touristische Infrastruktur ist in Litauen sehr wenig ausgebaut. Es ist schwierig ausserhalb der Städte ein Hotel zu finden,  auch Restaurants gibt es fast nicht. Dafür hat es sehr viele kleine Läden. 

So hat Joniskis,  wo ich heute übernachte, nach Booking.com ein Hotel. Und ein Restaurant habe ich nicht gefunden (die auf Google Maps waren alle nicht mehr vorhanden). Ich musste mich mit einem Kebab zufrieden geben. Ich denke in den Grossstädten ist das anders.

Die Litauer sind offener als die Polen. Englisch sprechen die meisten aber auch nicht.  Sie zeigen aber mehr Interesse, so hat ein Mann mein Fahrrad genau inspiziert, es gibt Autofahrer die winken oder hupen. Lustig waren auch drei Kids, die, als ich vorbei fuhr, den Daumen nach oben hielten.


Tag 29: Chaos In Riga

Joniskis - Riga

93 Km / 170Hm

Heute mal ein Selfie
Heute mal ein Selfie

Bereits nach 20 Kilometer erreichte ich die Grenze zu Lettland.  Von dort aus ging es etwa 25 Kilometer einfach gerade aus. Kein Hügel, nichts. Links und rechts Büsche oder Bäume,  von der Landschaft habe ich nicht viel gesehen.  Der Verkehr wurde immer dichter. Dann erreichte ich Jelgava, ein hübsche Stadt. Dort erwischte mich Regenschauer.  Ich will mich aber nicht beklagen, es war ein Regentag mit viel Wind vorausgesagt.  Wind kam erst gegen Riga zu auf.

Nun führte mich der Weg auf eine Art Autobahn.  Die eine Richtung war aber gesperrt. Leider war es meine Richtung. Ich musste lange auf einem kleinen Streifen fahren, so wie er bei und auf der linken Spur zur Leitplanke auch existiert.  Bei jedem Lastwagen musst du Gegensteuer geben, damit du nicht an die Leitplanke fährst.  Später bin ich dann auf der Baustelle der Autobahn gefahren.  Dort fehlte einfach noch der Feinbelag. 

Dann begann das Chaos von Riga. Das Navi führte mich auf eine weniger gute Strasse, die aber weniger Verkehr hatte. Plötzlich hörte die Strasse auf. Ein kleiner Fussweg führte weiter. Der Fussweg hörte bei einem Bahngleise auf. Ich musste mein 45kg schweres Gefährt über die Geleise tragen. Dabei brach eine Verankerung des Kettenschutzes,  ich werde schauen, ob ich das reparieren kann. 

In Riga ist das Fahrrad inexistent. Es gibt keine Velowege. Der Verkehr ist enorm dicht. Ich musste eine stark befahrene Strasse überqueren,  die einzige Möglichkeit war eine Fussgängerunterführung. Runter kam ich, rauf nur dank der Hilfe eines Passanten. 

Morgen mache ich einen Ruhetag in Riga. Ich hoffe er wird angenehmer als der erste Eindruck.


Tag 30: Ruhetag in Riga

Riga hat eine schöne, mittelalterliche Altstadt, aber auch wunderschöne Jugendstil Häuser. Ich habe den Tag mit einer Stadtrundfahrt und dem Besuch einiger Sehenswürdigkeiten verbracht.  Auch war ich in der russisch orthodoxen Geburtskirche. Innen hat es viel Gold und Heiligenbilder. Vor diesen Heiligenbilder werden überall in der Kirche dünne Kerzen angezündet. Die Frauen halten ihr Haar bedeckt. 

Morgen fahre ich dann der Ostseeküste entlang Richtung Tallinn